Montag, 20. Februar 2017

Nach Änderungsantrag gegen Sozialdumping im ÖPNV im Bundesrat

Betriebsräte aus ÖPNV-Unternehmen und ver.di laden bundesweit CDU- und CSU-Bundestagsabgeordnete ein

Berlin, 20.02.2017. (mediap). Am 10. Februar hatte der Bundesrat einem Änderungsantrag zum Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zugestimmt, der Kommunen das Recht
gibt, Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen sowie weitergehende qualitative und ökologische Anforderungen bei allen Vergaben im Nahverkehr vorzugeben, teilt die Gewerkschaft verdi mit.

 

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und die Betriebsräte aus ÖPNV-Unternehmen begrüßen den Antrag und wollen den CDU- und CSU-Abgeordneten, bei denen der Antrag noch auf Widerstand stößt, die Notwendigkeit der Änderung aus Sicht der Beschäftigten darlegen. Um die Positionen und Hintergründe zu erläutern, gibt es zurzeit in allen Bundesländern Einladungen zu Gesprächen mit den CDU- bzw. CSU-Abgeordneten.

"In diesem und im kommenden Jahr muss der größte Teil der Verkehrsvertragsvergaben in Deutschland auf den Weg gebracht werden. Die Beschäftigten benötigen den Schutz durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung noch vor der Bundestagswahl", betont ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. Daher seien die jetzt stattfindenden Gespräche von großer Bedeutung.

Verträge im Nahverkehr werden im Schnitt alle zehn Jahre neu vergeben. Den Beschäftigten drohen dann Arbeitsplatzverlust sowie Absenkung von Löhnen und Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen. 
Bisher sind soziale und ökologische Vorgaben nur bei Ausschreibungen und Direktvergaben möglich, konkurrierende eigenwirtschaftliche Antragsteller müssen diese nicht einhalten, genießen jedoch Vorrang. 

So ist es möglich, Eigenwirtschaftlichkeit allein durch Absenkung von Löhnen und Arbeitsbedingungen zu erreichen. Unternehmen mit 
Tarifbindung und Beschäftigten, die sich durch lange Betriebszugehörigkeiten Anspruch auf höhere Lohnstufen erworben haben, sind in diesem Wettbewerb chancenlos. Kommunen verlieren ihr Verkehrsunternehmen mit der Folge hoher Abwicklungskosten, private Unternehmen werden zur Aufgabe oder Tarifflucht gezwungen.

"Das Tarifsystem im Nahverkehr wird unterhöhlt und die Sozialpartner werden geschwächt. Das widerspricht dem Grundsatz der sozialen 
Marktwirtschaft", kritisiert Behle. "Auch die Beschäftigten bei den Subunternehmern fürchten Verschlechterungen durch geringere Einnahmen
ihrer Arbeitgeber. Würde der Änderungsantrag umgesetzt, wären diese Gefahren gebannt."

ver.di warnt zudem vor Qualitätsverlust im Nahverkehr. Bei einem Personalbedarf von über 10.000 Beschäftigten bis 2020 könne ein reibungsloser qualitativ hochwertiger ÖPNV nur mit angemessener Bezahlung des Personals garantiert werden. Fahrtausfälle wegen Fahrermangel und unsicherer Zukunft der Arbeitsplätze habe es bereits mehrfach gegeben, unter anderem in den Verkehrsverbünden Rhein-Main (RMV), Rhein-Neckar (VRN) oder in Hessen.

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